Grazer Straßen entnazifizieren
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Grazer Straßen entnazifizieren

Grazer Straßennamen

In Graz haben wir immer noch ein massives Problem mit höchst bedenklichen Straßennamen!
 
Die Stadt Graz hat zwischen 2014 und 2018 eine Studie durchgeführt, um die Straßen- und Platznamen in Graz historisch zu überprüfen. Der mehr als 1000 Seiten umfassende Abschlussbericht liegt seit 2018 vor und listet 82 Namen von kritisch zu betrachtenden Personen auf. Davon wurden 20 von der Kommission sogar als „höchst bedenklich“ eingestuft. 
Damals waren im Gemeinderat Umbenennungen oder ergänzende Tafeln im Gespräch. Es wurden jedoch laut unseren Recherchen keine einzige umbenannt. Es sind zwar bei manchen bedenklichen Straßenschildern Zusatztafeln angebracht, welche einen kurzen Einblick in die Biografie des Menschen nach der die Straße benannt wurde ermöglicht,  diese lösen die Problematik leider nicht auf.

Problematik

Wir wollen nicht glauben, dass es nötig ist, dass Menschen in einer Straße leben müssen, die nach einem Mitglied der NSDAP benannt ist und extrem antisemitische Ansichten vertreten hat.
Wir sehen die größte Problematik in den Straßennamen darin, dass wir solch grausamen Menschen noch immer Ehre gebühren und ihnen quasi damit danken, doch wofür wollen wir uns bedanken? Es ist ein falsches Zeichen jungen Menschen gegenüber, Nationalsozialisten, Antisemiten, Faschisten zu danken, anstatt unsere Geschichte wirklich aufzuarbeiten und uns daran zu erinnern.
Auch bedenklich ist die Anzahl der Straßen die nach Männern benannt sind, laut dem Standard sind nur 3 % der Straßennamen nach Frauen benannt.
Die 20 bedenklichen Straßennamen findest du am Ende des Artikels.

Lösungsansätze

Straßennamen prägen die Persönlichkeit einer Stadt extrem, daher müssen wir uns die Frage stellen, welche Persönlichkeit der Stadt Graz tragen wir durch solche Straßennamen nach außen? 
Wir würden uns wünschen, dass Graz, alleine durch unsere Straßen, als offene, freundliche und revolutionäre Stadt aufleuchtet, das ist jedoch zurzeit alles andere als der Fall. 
Wir würden uns wünschen, dass unsere Straßennamen Menschen danken wie: weibliche Wissenschaftler*innen, Feminist*innen, Jüd*innen, aber auch modernen Personen wie Menschen aus der Musikszene oder politisch wichtige Persönlichkeiten. Natürlich ist es dabei wünschenswert, wenn dieser Mensch etwas mit Graz zu tun hat, auch das können wir gut verstehen.
Uns ist auch bewusst, dass eine Umbenennung von Straßennamen nicht ganz ohne Aufwand und erheblichen Kosten zusammenhängt, aber das muss es uns wert sein, unserer Vergangenheit aufzuarbeiten!
Uns ist auch wichtig dieses Thema weiterzubehandeln, deshalb melde dich bitte bei uns, wenn dich solche Straßennamen stören und du etwas dagegen machen möchtest, oder falls deine Straße selbst betroffen ist.
Wir arbeiten derzeit daran neue passende Straßennamen zu finden und mit Begründungen warum die alten extrem unpassend sind, diese in den Gemeinderat einzubringen, um direkt etwas zu ändern.
Wir fordern daher eine Umbenennung von den zumindest 20 kritischsten Straßen und eine langfristige Lösung, bzw. Umbenennung der weiteren 62 Straßen. 
Mit dem Motto: „Kein vergessen, kein vergeben“ wollen wir das in die Realität umsetzen.

Unsere Aktion

Nachdem wir auch mitbekommen haben, dass viele Menschen sich gar nicht bewusst sind, wie viele Straßen solch bedenkliche Straßennamen tragen, die teils sogar in solchen Straßen leben, haben wir beschlossen darauf aufmerksam zu machen.
 
Aktivist*innen vom Grazer Jugendrat haben mit Sprühkreide die Nachricht: „diese Straße ist nach einem Nazi benannt“ vor die Straßenschilder von bedenklichen Straßen gesprüht, die nach Faschisten, Nazis und NSDAP Mitgliedern benannt sind. In einer Nacht wurden so Ca. 20 Gehsteige vor Nazistraßenschildern neu verziert. Wir sind uns bewusst, dass solche Aktionen nicht allen Menschen gefallen, wir haben extra Sprühkreide genommen, da diese nach einiger Zeit selbst verschwindet, jedoch ist das Ziel dieser und weiter folgenden Aktionen, Menschen auf die Thematik aufmerksam zu machen, dafür sind wir durchaus bereit auch gewisse Grenzen zu überschreiten. Es hilft leider nicht immer Flyer zu verteilen und mit einzelnen wenigen Menschen zu sprechen, der politische Kampf auf der Straße ist dabei genauso wichtig!

Du möchtest uns unterstützen?

Wenn du gleicher Meinung bist oder eigene Ideen hast melde dich gerne bei uns, wir sind über Instagram: jugendrat.graz oder über E-Mail unter: graz.jugendrat@protomail.com erreichbar. Oder komm einfach zu einem unserer offenen Kennenlerntreffen und bring dich direkt ein.
 
„Ihr habt keine Schuld an dieser Zeit. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Zeit wissen wollt. Ihr müsst alles wissen, was damals geschah. Und warum es geschah.“
– Esther Bejarano
 
Die 20 „höchst bedenklichen“ Straßennamen sind: Alfred-Coßmann-Gasse, Ambrosigasse, Conrad-von-Hötzendorf-Straße, Dr.-Hans-Kloepfer-Straße, Dr.-Karl-Lueger-Straße, Dr.-Muck-Anlage, Dr.-Robert-Graf-Straße, Etrichgasse, Gustav-Hofer-Weg, Jahngasse, Jaritzweg, Kernstockgasse, Leo-Scheu-Gasse, Luigi-Kasimir-Gasse, Max-Mell-Allee, Nernstgasse, Pambergergasse, Pfitznergasse, Rudolf-List-Gasse und Walter-Semetkowski-Weg.

Kein vergeben, kein vergessen

Quellen: Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz (Auszug 45-251),